Ja, das liegt ganz in Ihrer Freiheit. Wahrscheinlich ist es dann am besten, wenn wir zusammen einen Abschluss finden – dann können Sie mit gutem Sinn auf diese Zeit zurückblicken.
Genau. Es sind eher „Sesselstühle“, denn Sie sollen ja durchaus auch auf der Stuhlkante sitzen können. Ein kleiner niedriger Tisch zwischen uns, vielleicht zwei Gläser mit Wasser darauf…
Die Erfahrung zeigt, dass der Organismus therapeutische Impulse selbsttätig aufnimmt, verarbeitet, integriert in der ihm ganz eigenen Zeit. Er tut es unwillkürlich und in eigener Weise, denn wir sind ja mehr als unser bewusstes Ich. Ihm dazu Raum zu geben oder auch die Möglicheit, das in der Therapie Erfahrene im Alltag einsickern zu lassen – das ist ganz wichtig! Ihre Therapiestunden sind Tupfer in Ihrem Alltag, die ihn eher färben als irritierend unterbrechen mögen. Dabei hilft auf lange Sicht gerade auch der immer gleich bleibende Rhythmus, der die Seele verlässlich begleitet.
Natürlich kann es Phasen geben, in denen eine dichtere Abfolge therapeutischer Begegnungen Sie besser unterstützen mag – das klären wir dann gemeinsam.
Viele therapeutische Ideen und Konzepte, die heute zu Recht sehr im Gespräch sind, wurden schon früh in der Gestalttherapie vorgedacht – etwa der Blick aufs „innere Kind“, der Dialog mit eigenen inneren Anteilen, die Tuchfühlung mit sich selbst in der „Achtsamkeit“, Elemente der Selbststärkung aus der „positiven Psychologie“ oder auch der eigene Körper als Resonanzboden für alles.
Gestalttherapie integriert von sich her ganz unterschiedliche Perspektiven, ohne deshalb ein Flickenteppich therapeutischer Moden zu sein. Als Schirm über allem spannt sich in der Arbeitsbeziehung zwischen Ihnen und mir eine Haltung auf, die sich von der unbedingten Achtung Ihrer Freiheit und dem Vertrauen in Ihre Selbststärkungskräfte nährt.
Vielleicht denken Sie unwillkürlich an Kunstgestaltung, an Therapien, in denen eher gemalt oder gebastelt wird. Damit hat Gestalttherapie aber eigentlich nichts zu tun.
Wenn ich auf einem Bild ein graues Feld vor schwarzem Hintergrund betrachte und dann dasselbe Grau vor einem weißen Hintergrund, dann erscheint das zweite Grau dunkler, obwohl es doch derselbe Grauton ist. Der Hintergrund hat also Einfluss auf die Wahrnehmung der Figur – und das ist sehr spannend. Es gibt nicht einfach Dinge in der Welt, die so sind, wie sie sind, sondern der Kontext entscheidet, wie sie uns erscheinen. Figur und Hintergrund bilden eine Gestalt.
Die geniale Erkenntnis der Gestalttherapie ist es, dass wir insgesamt so funktionieren, wie wir Dinge wahrnehmen. Was Sie im Moment interessiert oder bewegt, das ist die Figur vor dem Hintergrund Ihres bisherigen Lebens – Ihren Kenntnissen, Erwartungen, Wünschen, Lebenssätzen, Problemen, einfach allem, was Sie bis heute geprägt hat. Wie nun Figur und Hintergrund ineinanderspielen, eine Gestalt bilden, eine – wie man dann im therapeutischen Kontext sagt – vielleicht noch offene oder geschlossene: „das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden“ (so Michael Ende immer wieder in seiner „Unendlichen Geschichte“)